Is that a Fish in your Ear?This entry is also available in English.

Indem er sein Buch „Is that a fish in your ear?“ genannt hat (bzw. hat nennen lassen), hat David Bellos es schwierig gemacht, dieses Buch zu kategorisieren. Vom Aussehen her scheint das Buch definitiv dem populärwissenschaftlichen Bereich anzugehören, jedoch wie andere klar gemacht haben, liegt die Schreibart entschieden in einer halbwegs akademischen Kategorie. Trotzdem sollte das erfasste Material für eine große Bandbreite von Interesse sein, da sich das Buch in kurze und zum größten Teil in sich abgeschlossene Kapitel aufteilt. Man kann dadurch leicht eintauchen, bestimmte Kapital auswählen oder uninteressante Teile völlig überspringen. Das Buch weist einen sehr großen Umfang von Themen auf und der Autor spricht eine Vielfalt an Themen aus verschiedenen Disziplinen an, einschließlich der Philosophie, der Biologie, der Religion und natürlich der Linguistik.

Mir ist beim Betrachten des Werks in seiner Ganzheit aufgefallen, dass Bellos hiermit die Gelegenheit nutzt, für seinen Beruf bzw. die Art, in der er seiner Arbeit nachgeht, zu plädieren. Es handelt sich in vielen Kapiteln um einen Vorwurf gegen oder gar einen Angriff auf Übersetzung und Übersetzer, hauptsächlich in der Form einer tagtäglichen Plattitüde, die er dann unter die Lupe nimmt, prüft und im Großen und Ganzen glaubhaft widerlegt. Auch wenn ich seinen Meinungen nicht immer zugestimmt habe, stellt Bellos seine Beweise und seinen Denkvorgang sehr offen dar, damit der Leser meist seine eigene Schlüsse ziehen kann. Trotzdem kommen im Buch einige Widersprüche zum Vorschein und die Argumente scheinen teilweise überzogen. Zum Beispiel kritisiert er eine Behauptung Nabokows in Bezug auf die Lyrik Puschkins, dass es mathematisch unmöglich sei, gleichzeitig den Reim und das Gedicht wortgetreu zu übersetzen („to reproduce the rhymes and yet translate the entire poem literally is mathematically impossible“). Dann erklärt er wie sich die puschkinsche Gedichtform zum Übersetzen gut eignet und dass die Ursache Nabokows Behauptung in dessen mangelnder Bereitschaft dazu lag. Vielleicht entspricht das der Wahrheit, aber weder das, noch die Aussage, es gebe andere begabte Übersetzer, die eine „gute Annäherung von Puschkins Gedichten“ übersetzt haben, beeinträchtigt die ursprüngliche Behauptung über die Unmöglichkeit der gleichzeitigen Übersetzung von Form und Inhalt. Wenn überhaupt, bestätigt Bellos’ eigenes Kapitel über Lyrik Nabokow in seiner Meinung.

In seiner Verteidigung der Übersetzung behandelt Bellos eine Vielfalt von Bereichen und Epochen, von Sumer über die Bibel bis hin zur EU, darunter auch der Humor, der Juristenjargon und das Dolmetschen. Er schildert die Schwierigkeiten, die dem Übersetzer gegenüberstehen, wie wenn es am Platz mangelt (z.B. Comics), an Zeit (z.B. Filmuntertiteln oder Synchronisation), fehlende grammatikalische Aspekte in der Quell- oder Zielsprache, oder einfach der Bedarf nach Erklärungen, wenn es keine gibt (z.B. wenn der Autor schon tot ist). Vom besonderen Interesse sind die Kapitel, die von den Arbeitsweisen der EU und UNO handeln, sowie die wiederkehrenden Gedanken über die dominante Rolle der englischen Sprache und dessen potenzieller Einfluss auf andere Sprachen durch die Arbeit von Übersetzern. Außerdem zu den Stärken des Buches zu zählen sind die vielen Beispiele und Anekdoten von Schwierigkeiten und Erfolgen, die Bellos beifügte, um seinen Argumenten Glauben zu schenken.

Zwar gibt es in dem Buch ein paar Aussagen, die ich als ‘Fehler’ betrachten würde, aber die sind nebensächlich und lenken nicht von dem Hauptargument ab. Ansonsten ist dieses Werk äußerst gut recherchiert und detailliert. Bellos schreibt als Fachmann und wirkt trotz seiner zum Teil sehr festen Meinungen aber nie herablassend. In der Tat erblickt man flüchtig eine gewisse Bescheidenheit, insbesondere wenn er von Arten der Übersetzung redet, die nicht zu seinen Stärken zählen.

Letzten Endes ist dies ein Buch, dass dem richtigen Leser recht gefallen wird. Obwohl ich von einigen seiner Argumente nicht überzeugt wurde, stellt Bellos ausreichende Informationen und Beweise dar, wodurch der Leser zu einer eigenen Meinung kommen kann. Als Überblick und Einleitung in die Welt der Übersetzung muss man das Buch als Erfolg erkennen, vor allem für diejenigen, die Sprachen studieren, die sich überlegen, Übersetzer zu werden, und vielleicht auch die, die eine bloße Neugier haben, mehr von den Übersetzungen zu erfahren, die sie selbst lesen. Leider, wie andere hervorgehoben haben, lässt sich der Zweck des Buches von seinem Titel und Klappentext nicht leicht enthüllen, also lohnt es sich auf jeden Fall kurz per Amazons „Blick ins Buch“ reinzuschnuppern, bevor man sich entscheidet, es zu kaufen.