This entry is also available in English.Nathaniel's Nutmeg

In ähnlicher Weise zu Dava Sobels Buch „Longitude“ dreht sich im „Nathaniel’s Nutmeg“ alles um die Erfahrungen eines der unsichtbarsten Protagonisten der Geschichte. Obwohl es sich um die Geschichte eines kleineren Maßstabes handelt, stimmt das Ziel des Werks überragend mit einem Zitat des Historikers E. P. Thompson überein, geschichtliche Figuren „from the enormous condescension of posterity“ zu retten. Die Hauptakteure dieses Buches werden den meisten Lesern unbekannt, sowie viele der Ereignisse, dennoch bleibt deren Auswirkung für die Gegenwart für jeden ersichtlich.

Doch der Titel dieses Buches ist meiner Meinung nach komplett misslungen. Das Werk ist sehr ambitiös im Umfang und beschäftigt sich mit dem Gewürzhandel und der Segelschiffära, mitsamt Abschweifungen über die Amerikas und die Versuche, die Nordwestpassage durch den arktischen Ozean und dadurch einen kürzeren Seeweg nach Ostindien zu finden, sowie den Kriegen, den Erfolgen und den politischen Machenschaften der englischen und niederländischen Ostindien-Kompanien. Im Grunde versucht Milton mit diesem Buch die Heldentaten von einem Offizier der englischen Ostindien-Kompanie namens Nathaniel Courthorpe mit dem Schiksal Neuamsterdams/New Yorks zu verbinden. Jedoch bleibt dieser Versuch etwas oberflächlich und mager, dadurch, dass er sein Leben aus jedem Blickwinkel zu betrachten versucht. Im Endeffekte erscheint der namensgebende Nathaniel nur flüchtig am Ende des Buches. Mehr Platz hat der Autor dem angeblichen Hauptthema nicht einräumen können. Schließlich wirft das Buch jede Menge interessante Fragen auf, durch seine umschweifende Behandlung der Gesellschaften, deren Offiziere und des Gewürzhandels usw. Trotz der fast 400 Seiten bleiben diese Fragen jedoch leider größtenteils unbeantwortet.

Trotz dieser Mankos ist das Werk nicht ohne Stärken. Der Autor hat die Geschichte trotz der mangelnden Quellenlage offensichtlich sehr sorgfältig recherchiert, und man muss ihm auch hoch anrechnen, dass er der Versuchung widerstanden hat, in Hinblick auf die etwas dürftigen Beweise wild darüber zu spekulieren. Da die Zielgruppe dieses Buches unter dem Fußvolk zu finden ist, ist es wie ein Schmöker aufgebaut, mit vielen Deutungen auf spätere Kapitel, die den Leser durch das Buch locken und begleiten. Die Charaktere und die Ereignisse stellen die Kulissen dar, so dass es auch für unterwegs ein geeignetes Buch ist, das man mit vielen Unterbrechungen und Ablenkungen leicht lesen kann. Trotzdem, dass der Stoff für ein Buch dieser Länge eigentlich zu breitgefächert ist, konzentriert sich Milton zumindest lediglich auf die holländischen und englischen Abenteuer, und schenkt dem zur gleichen Zeit stattfindenden portugiesischen und spanischen Treiben wenig Platz.

„Nathaniel’s Nutmeg“ ist eine kurzweilige und interessante Lektüre, die auch für Leute geeignet ist, für die die Geschichte normalerweise kein Interesse weckt. Dank der ausgiebigen Recherchen ist das Buch sehr informativ, auch wenn des Buches Gegenstand eigentlich zu groß ist. Trotzdem hinterlässt das Buch ein Gefühl ähnlich dem eines Abends in einem chinesischen Restaurant: Bald nach dem Verzehr hat man wieder einen leeren Magen. In seinem Versuch, das Schicksal New Yorks mit der Lebensbahn Couthorpes in Verbindung zu bringen, hat Milton einen Stoff ausgesucht, dem er in diesem Werk einfach nicht gerecht werden konnte, und somit bleibt die Botschaft irgendwie seicht und unkonzentriert. Anders betitelt, mit einem weniger anspruchsvollen Ziel oder einem strengeren Redakteur wäre dieses Buch eine umso befriedigende Lektüre geworden.